Ein kleines Mädchen, graue Herren und eine Schildkröte oder die Grundstufe im Figurentheater

Das Gitter vor dem Lüftungsschacht wird nach oben gedrückt. Ein paar Beine erscheinen. Ein Körper gleitet zu Boden, gefolgt von einem Zweiten und einem Dritten. Dann zerreißt eine Sirene die Stille. Kurz geraten die drei Personen in Panik. Franco, Massimo und Maria sind auf dem Weg nach Hause, bepackt mit Koffern und Taschen. Sie sind erwachsen geworden. Fern sind die Tage, wo sie mit einem kleinen Mädchen namens „Momo“ durch die Ruinen eines antiken Amphitheaters tobten und im Spiel zu abenteuerlichen Forschungsreisen aufbrachen. Die Geschichte von Michael Ende ist längst zu einem Klassiker geworden, der weit über das Niveau eines Kinderbuches hinaus geht. Es ist heute noch so aktuell wie damals 1973, als das Buch veröffentlicht wurde.

An zwei Tagen im März, dem 15. und 16.03.2017, haben die Grundstufenkinder der weiterführenden Montessori-Schule die Gelegenheit, die Inszenierung des Figurentheaters Chemnitz zu besuchen. Der Begriff „Figurentheater“ ist in diesem Zusammenhang weit gefasst. Fließend sind die Grenzen zwischen realem Schauspiel und dem Spiel mit Puppen. Letzteres ist dagegen wörtlich zu nehmen. Die Koffer der drei Freunde sind tatsächlich mit Puppen gefüllt, die man aus so manchem Kinderzimmer des real existierenden Sozialismus kennt. Mit diesen Puppen erzählen Franco, Massimo und Maria die Geschichte von Momo, die so wunderbar zuhören konnte, ihren Freunden, dem Straßenkehrer Beppo, dem Fremdenführer Gigi und natürlich all den anderen Kindern und Erwachsenen am Rande der großen Stadt.

Schon im Vorfeld war die Geschichte Teil des Schulalltags. Das Buch wurde in den Klassen gelesen, der Film geschaut, Workshops abgehalten, Bilder gemalt, persönliche Einschätzungen geschrieben. Das Theaterstück bildet nun den Höhepunkt des Projekts. Die Kinder sitzen mit strahlenden Gesichtern im Zuschauerraum des kleinen Figurentheaters im Schauspielhaus und verfolgen gespannt, wie die grauen Herren vor ihren Augen zum Leben erweckt werden. Die drei Schauspieler schlüpfen in unterschiedliche Rollen, toben als Kinder auf Entdeckungsreise im Sturm über die Bühne, wirbeln als Meister Hora im Schwarzlicht durch die Dunkelheit oder retten Momo mit einem grünen Helm auf dem Kopf, Klebezettel verteilend, als Schildkröte Kassiopeia vor ihren Verfolgern. Schließlich hat Momo mithilfe der Zeitblume die grauen Herren besiegt und ihre Freunde aus dem Bann der Zeitsparkasse erlöst.

Die Kinder sind fasziniert von dem kleinen Mädchen, dass Konflikte zwischen den Menschen löst, indem sie einfach nur zuhört. Zurück bleibt die Frage, wie wir mit unserer Zeit umgehen und wie wir unser Leben mit unnützem Unrat vollstopfen. Die Kinder reflektieren, dass es auch in unserem Leben graue Herren gibt, die uns anhalten, keine Zeit mit Fantasie zu verschwenden und sich lieber dem Konsum hinzugeben. Manchmal bräuchten auch wir eine Momo, die unseren grauen Herren den Vorrat an lebenspendenden Zigarren entzieht.

Die drei Schauspieler verlassen die Bühne, wie sie gekommen sind. Eine Sirene ertönt. Sie zucken zusammen, schauen sich verstohlen um. Dann flüchten sie. Schnappen ihre Taschen und kriechen, sich gegenseitig helfend, zurück in den Lüftungsschacht. Zurück bleibt eine dunkle Bühne und eine rote Schrift. Ende, Michael.

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Ein kleines Mädchen, graue Herren und eine Schildkröte oder die Grundstufe im Figurentheater
Ein kleines Mädchen, graue Herren und eine Schildkröte oder die Grundstufe im Figurentheater

Veröffentlich in der Kategorie "Secondary school" am 24.03.2017

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