Die Gründung der Montessori-Schule Chemnitz

Mit der Erlangung politischer Freiheiten zu Beginn der neunziger Jahre in Sachsen hätte man meinen können, dass an den Schulen automatisch auch die pädagogische Vielfalt folgen würde. Doch wie so oft spielte der Zufall bei der Durchsetzung guter Ideen eine wichtige Rolle. Im Folgenden wollen wir darstellen, wie er in unserem Fall zur richtigen Zeit die richtigen Leute zusammen brachte.

Im Februar 1991 organisierte der Kreisverband Chemnitz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft eine mehrtägige Exkursion zur größten deutschen Bildungsmesse „Didacta" in Düsseldorf. Auch wir nahmen an dieser Fahrt teil. Am Messestand der Holländischen Lehrmittel-Firma Nienhuis lernten in einem nachgestalteten Klassenzimmer eine Montessori-Klasse, natürlich in Freiarbeit. Das widersprach allen unseren bisherigen Erfahrungen von Schule. Herr Cuypers, ein Montessori-Lehrer vor Ort, konnte unsere Skepsis nicht wegreden. Er gab aber nicht auf und lud uns für den nächsten Tag zu einem Besuch seiner Schule, der Montessori-Schule Krefeld ein.

Damit war der Grundstein gelegt, denn was wir dort sahen, verschlug uns die Sprache und weckte die Überzeugung, dass es zu dieser kindgerechten Schule keine vernünftige Alternative gibt. Kinder die selber entscheiden, was sie lernen und dann noch mit so viel Eifer bei der Sache sind, ohne dass ein Lehrer sie ständig antreibt. Es muss uns gelingen, auch in Chemnitz eine solche Schule aufzubauen! Der dortige Rektor, Horst Kuklinski, wurde zum langjährigen Wegbegleiter auf diesem Weg. Er ermöglichte uns und später auch anderen Chemnitzer Pädagogen intensive Schulbesuche. Gemeinsam mit seiner Frau führte er uns in kleinen Lektionen einfühlsam an die Montessori-Pädagogik heran und schuf so einen Stamm von begeisterten Pädagogen, die sich weiter in Chemnitz trafen. So entstand der Montessori-Kreis, der Vorläufer des heutigen Montessori-Vereins. Dazu gehörten neben uns zunächst Frau Helga Schüller, Siegrid Wunderlich, Petra Beyer, weitere wie Birgit Ruft, Babett Lermer, Steffi Heß und Sylvana Oeser folgten. Wir trafen uns in der Hans-Sager-, später in der Comenius-Grundschule, tauschten Ideen aus, bastelten Material und träumten von einer Montessori-Schule.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein war 1994 die Gründung des Montessori-Vereins. Auf der Suche nach aktiven Helfern lernten wir Herrn Prof. Hacker - Leiter des Lehrstuhls für Grund- und Vorschuldidaktik an der Technischen Universität - kennen. Mit unserem Ansinnen rannten wir bei ihm im doppelten Sinne offene Türen ein. Zum einen kannte er im Rahmen seiner Lehrtätigkeit die Vorzüge der Montessori-Pädagogik genau. Zum anderen hatte er in Franken schon Initiativen bei Schulgründungen begleitet und unterstützt. Als Vorstandsmitglied half er uns, Vorträge zu organisieren, Beziehung zu bereits bestehenden Montessori-Vereinen und Montessori-Schulen zu knüpfen, von deren Erfahrungen wir lernen konnten.

Bei einem dieser Vorträge lernten wir eine Reihe engagierter Erzieher eines von Schließung bedrohten städtischen Kindergartens kennen. Aus diesem Kreis entstand 1995 mit Hilfe des Montessori-Vereins das „Erste Montessori-Kinderhaus" in der Ernst-Enge-Straße 4. Anfangs gab es zwei Kinder-Gruppen, die Material und Betreuung nach den Prinzipien Montessoris genießen konnten. Erstmals konnten wir die Erfolge unserer Arbeit unmittelbar am Kind beobachten. Es war nur natürlich, dass daraus auch der Elternwunsch entstand, die Montessori-Pädagogik für ihre Kinder nahtlos in der Grundschule weiterzuführen. Ein pädagogisches Konzept war schnell erstellt, wir hatten ja viele Vorbilder. Doch bis zur Umsetzung war es noch ein weiter, steiniger Weg.

Wie schon beim Kinderhaus scheute unser Verein unnötige wirtschaftliche Risiken und strebte deshalb keine eigene Trägerschaft einer Schule an. Vielmehr suchten wir eine staatliche Schule, die bereit war, dieses Konzept umzusetzen. Vergeblich! Selbst die Hans-Sager-Grundschule, die durch die Vermittlung unseres Vereins und die Hilfe von Herrn Kuklinski in den Besitz einer vollständigen Klassenausstattung an Montessori-Material gekommen war, nutzte dies nicht zur Umstellung des Unterrichts. Die Materialien waren weggeschlossen. Auch im Kultusministerium empfahl man uns, die Gründung einer freien Schule, da wir in einer staatlichen Schule Altersmischung, Notenfreiheit und Freiarbeit als grundlegende Unterrichtsform nicht umsetzen könnten. Auch die Suche nach einem Gebäude war sehr schwierig. Frei werdende Häuser von geschlossenen Schulen gab es damals noch nicht. So zogen wir in die gerade schließende Kindertagesstätte in der Ernst-Enge-Straße 21 ein. Baurechtlich galt das als Umnutzung, das Bauordnungsamt verbot die Nutzung der oberen, bereits renovierten Etage. Bis zur letzten Woche wurde noch gestrichen, geschleppt und gemauert. Ohne die tatkräftige Hilfe unzähliger Enthusiasten, ohne das Vertrauen vieler Eltern hätte unser Optimismus die Geduldsprobe nicht bestanden.

Nach Elternversammlungen und Bewerbungsgesprächen konnten wir unser Zuckertütenfest feiern. Einen Tag vorher erst erhielten wir per Fax die schriftliche Genehmigung zur Schuleröffnung. Zwei Klassen aufgeregter Schulanfänger und die nicht weniger aufgeregten Lehrerinnen feierten mit Eltern und Freunden unseren ersten Schulanfang. So begann am 10. August 1996 die Arbeit der Montessori-Schule Chemnitz.

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MONTESSORI-SCHULE CHEMNITZSaxonyGermanyMONTESSORI-SCHULE CHEMNITZFreie integrative GrundschuleErnst-Enge-Straße 2109127 Chemnitz+49 371 243563-80 sekretariat.gs@montessoriverein-chemnitz.de
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